Mindfulness bedeutet auf eine bestimmte Art aufmerksam zu sein: bewusst, im gegenwärtigen Augenblick, mit Offenheit und Neugier. Durch Mindfulness lernen wir im Augenblick zu leben statt ständig
über Vergangenem zu brüten oder uns um die Zukunft zu sorgen.
Mindfulness hat seine Wurzeln im frühen Buddhismus. In den siebziger Jahren wurde Mindfulness in säkularisierter Form im Westen bekannt durch Jon Kabat Zinn’s Programm zur Stressbewältigung
(MBSR). Eine Vielzahl von wissenschaftlichen Veröffentlichungen belegt mittlerweile die Wirksamkeit von Mindfulness im klinischen Bereich, etwa bei der Behandlung von chronischen Schmerzen oder
wiederkehrenden Depressionen.In den letzten Jahren hat sich Achtsamkeit, vorangetrieben auch durch neue Untersuchungsmöglichkeiten in den Neurowissenschaften, international zu einem eigenen
Forschungsgebiet entwickelt. Fast wöchentlich werden Studien zu Mindfulness publiziert. Mehr und mehr beginnen wir auch aus westlicher Perspektive zu verstehen, wie Achtsamkeit uns mit genau den
Ressourcen ausstattet, die wir brauchen, um in Phasen des Umbruchs, in Zeiten zunehmender Komplexität und steigenden Tempos handlungsfähig, kreativ und gesund zu bleiben. Mindfulness wird heute
weltweit in Unternehmen, Schulen und Universitäten – ja selbst im britischen Parlament – erfolgreich unterrichtet und praktiziert.
Trotz des derzeitigen Hypes: Mindfulness ist kein Wundermittel und kein Quick-Fix. Mindfulness kann sich nur dann entfalten, wenn wir es kontinuierlich praktizieren und in alle Facetten
unseres Lebens integrieren.
Was bewirkt Mindfulness?
Menschen, die Mindfulness praktizieren, sind in der Lage ihre Denkmuster, Gefühle, Körpersignale und Impulse besser wahrzunehmen. Sie können ihre Reaktionen bewusster steuern und konzentrierter
auf Herausforderungen zugehen. Dies führt zu mehr Gelassenheit und innerer Zufriedenheit. Gleichzeitig schafft die erhöhte Selbstwahrnehmung einen inneren Freiraum, der es uns ermöglicht, unserem
Gegenüber wirklich zuzuhören und in wertschätzender Form klar und präsent zu sein. Menschen mit einem hohen Grad an Achtsamkeit, das zeigen Studien, verfügen über hohe emotionale Intelligenz und
soziale Kompetenz. Neurowissenschaftliche Studien zeigen, dass sich die Arbeitsweise unseres Gehirns durch Meditation und die offene und neugiere Hinwendung zu dem, was gerade ist, grundlegend
verändert. Folgende Hirnarreale sind vor allem betroffen:
- Der anteriore cinguläre Cortex (ACC), der für Selbstregulation zuständig ist. Der ACC ist aktiv, wenn wir unsere Aufmerksamkeit und unser Verhalten bewusst steuern, unangenehme Reflexe
unterdrücken und flexibel von einer Strategie zur anderen umschalten. Der ACC ist außerdem zuständig für unsere Fähigkeit aus Erfahrungen zu lernen. Bei Menschen, die meditieren sind all
diese Fähigkeiten überdurchschnittlich ausgeprägt.
- Der Hippocampus, der für Resilienz eine zentrale Rolle spielt und die Bereiche, die für Wahrnehmung, Körperbewusstsein, Schmerztoleranz, komplexe Denkprozesse und Selbstgefühl wichtig
sind.
- Der Inselkortex, der für Instrospektion (Körperwahrnehmung) und Mitgefühl für sich selbst und andere wichtig ist. Der Inselkortex wird, wie funktionale Kernspin- beziehungsweise
Magnetresonanztomografie (FMRT) zeigen, durch Meditation energetiesiert und gestärkt.
Wie kann ich Mindfulness entwickeln?
Alle Menschen sind mit einem bestimmten Maß an Mindfulness ausgestattet. Darüber hinaus lässt sich Mindfulness durch regelmäßiges und systematisches Training stärken. Neurowissenschaftliche
Studien zeigen, dass bereits wenige Wochen tägliches Training Veränderungen in den Bereichen des Gehirns bewirken, die für Fokus, innere Flexibilität und Resilienz zuständig sind. Im Zentrum der
Praxis steht dabei eine ebenso alte wie einfache Technik – die Meditation. Mindfulness lässt sich aber nicht nur auf dem Meditationskissen, sondern in sämtlichen Situationen kultivieren, ob in
der Schlange im Supermarkt, in Gesprächen oder Meetings, bei E-Mails oder Konflikten. Auf diese Weise erst entwickelt es zu einer Haltung, die schließlich alle Lebensbereiche umfasst und eine
Basis für innere Klarheit, Präsenz und Gelassenheit schafft.
Was ist Mindfulness-Based-Cognitive Therapy (MBCT)?
MBCT wurde für Menschen mit wiederkehrenden Depressionen entwickelt und hat sich als ebenso wirksam wie Antidepressiva erwiesen. Es hat sich darüber hinaus gezeigt, dass das, was Depressionen
aufrecht hält – negative Gedanken und Grübeleien – in gewissen Maße bei allen Menschen zu finden sind, insbesondere dann, wenn wir gestresst sind. Es ist genau dieser aktive Geist, der
unentwegt damit beschäftigt ist, zu analysieren, vergleichen, bewerten, planen und erinnern, der uns nachts nicht schlafen lässt und uns davon abhält, das Leben in vollen Zügen zu genießen. In
MBCT lernen wir, unseren Geist besser zu verstehen, so dass wir nicht mehr so von ihm getrieben sind sondern ihn nutzen wie es die Situation gerade erfordert. MBCT-basierte Kurse sind somit für
alle, die mehr Gelassenheit und Zufriedenheit im Alltag oder Beruf entwickeln wollen. In England wird MBCT heute in adaptierter Version in Schulen, Organisationen, Universitäten und sogar im
Britischen Parlament unterrichtet.